UNIVERSITETETS INSTITUT FOR TEORETISK FYSIK
BLEGDAMSVEJ 15, KOBENHAVN O.
DEN 22. Juni 1931.

[Bredig’s hand: Bohr!]

Hochverehrter Herr Kollege,

Ich bedauere sehr wegen meiner Abwesenheit von Kopenhagen erst jetzt Ihren freundlichen Brief beantworten zu können und Ihnen meine Ansicht über die wissenschaftlichen und pädagogischen Qualifikationen von Herrn Dr. Werner Kuhn mitzuteilen.

Es ist mir eine Freude, diese Gelegenheit zu benutzen, meiner hohen Schätzung der Leistungen und Qualifikationen von Dr. Kuhn Ausdruck zu geben. Während seines mehrjährigen Aufenthalte in Kopenhagen arbeitete er mit grosser Tüchtigkeit und Ausdauer an einem schwierigen experimentalen Problem in Verbindung mit den in theoretischen Hinsicht so bedeutungsvollen Disperationserscheinungen. Gleichzeitug fand er nicht Zeit, die theoreitschen Probleme der Atomtheorie eingehend zu studieren, sondern auch Gelegenheit einen selbständigen Betrag zu der Quartentheorie der Disperationserscheinungen zu geben, der eine wichtige Rolle gespielt hat bei der nachfolgenden Entwicklung einer rationalen Quantenmechanik. In diesen Arbeiten, sowie in seinen früheren und späteren Arbeiten, hat Dr. Kuhn sich als ein Physiker erwiesen, der sich mit grosser Energie und Intuition in den Kern der Sachen einzudringen vermag, aber ich möchte deshalb ein grosses Vertrauen in ihm ^haben^, was seine Qualifikationen zu einer Stellung wie die in Frage kommende Professur in Karlsruhe betrifft. Auch in pädgogischer Hinsicht wurde mein Eindruck von Dr. Kuhns Qualifikationen sehr verstärkt durch einige Vorträge, die er uns auf kurzen Besuchen in Kopenhagen über das Problem der optisch-aktiven Stoffe gehalten hat,

zu welchem er im Laufe der letzten Jahre mehrere schöne und wichtige Beiträge gegeben hat.

Ich hoffe, dass diese wenig formalen Äusserungen für Ihren Zweck befriedigend sind. Was die Qualifikationen* der anderen in Ihrem Brief genannten Herren betrifft, habe ich keine eingehende Kenntnis von ihren Arbeiten; aber ich habe doch den bestimmten Eindruck, dass sie kaum bei einer Gelegenheitt wie diese in Vergleich mit Dr. Kuhn in Betracht kommen können.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebener
N.Bohr

*für Lehrstühl d. Theoret. Phsyik an Techn. Hochschule Karlsruhe

UNIVERSITY INSTITUTE FOR THEORETICAL PHYSICS
BLEGDAMSVEJ 15, COPENHAGEN
22 June 1931

[Bredig’s hand: Bohr!]

My esteemed colleague,

Due to my absence from Copenhagen, I very much regret that I can just now respond to your kind letter and give you my opinion on the scientific and pedagogical qualifications of Dr. Werner Kuhn.

It is a pleasure to express my great respect for the achievements and qualifications of Dr. Kuhn. During his residence in Copenhagen for several years, he worked with great skill and perseverance on a difficult experimental problem concerning the theoretically significant dispersion phenomena. Although he did not simultaneously find time to study the theoretical problems of atomic theory in depth, he did contribute to the quantum theory of dispersion phenomena, which played an important role in the subsequent development of rational quantum mechanics. In this work, as well as in his earlier and later work, Dr. Kuhn has proven himself to be a physicist capable of getting to the root of the matter with great initiative and intuition. Thus, I trust that his qualifications are suitable for the professorship in Karlsruhe. From an pedagogical point of view, my impression of Dr. Kuhn's qualifications were additionally reinforced by a few lectures he held on shorts visits to Copenhagen on the problem of optically active substances.

I hope that these informal opinions are suitable for you purposes.

Regarding the qualifications * of the other gentlemen named in your letter, I have no detailed knowledge of their work. However, I have the impression that their work could hardly compare with that of Dr. Kuhn.

Yours faithfully,
N. Bohr

* for the Department Chair of Theoretical Physics at the Technical University of Karlsruhe